Rabien und die Zeitgeschichte

Ein farbiger Spiegel der Geschichte unseres Hauses zwischen 1905 und 1955 - und zugleich der Zeitgeschichte - erschien 1955 als Sonntagsserie der BERLINER MORGENPOST unter dem Titel:

"In Potsdam mal konditern gehn..." Geschichte aus 5 Jahrzehnten – erlebt im Café Rabien.

Hier können Sie alle Folgen der 13-teiligen Serie nachlesen

Folge 5 / 13

  • Konditorn in Sanssouci


In Potsdam mal konditern gehn

Geschichte aus 5 Jahrzehnten – erlebt im Café Rabien / von Franz Born, erschienen 1955 als Sonntagsserie der BERLINER MORGENPOST

Teil V - Die Kaiserin kehrte heim

Der Krieg war verloren; in Potsdam konnte man es nicht fassen, daß der Kaiser abgedankt hatte. Von der Revolution am 8. November war in der Stadt selbst wenig zu merken. Nur etwas für die Potsdamer Ungeheuerliches geschah: das Lehr-Infanterie-Bataillon, die Wachtruppe des Kaisers am Neuen Palais, zerstreute sich, nachdem vorher noch die Standarte der Kaiserin heruntergeholt worden war. Mit einem Schlag schien alle Tradition vergessen und versunken.

Und dann überstürzte sich alles; von Berlin kamen die tollsten Gerüchte herüber. Auch in Potsdam erschienen randalierende Haufen, die sich die unsichere Zeitlage zunutze machten. Doch während man in Berlin atemlos den Wirbel des Neuen miterlebte, lag ganz Potsdam wie in einem gespenstischen grauen Licht.

Die Kaiserin mußte das Neue Palais verlassen. „Dieser trübe November 1918!“ schreibt ein Potsdamer Chronist dieser Zeit, Ludwig Sternaux, in seinem Potsdambuch. „In letztem welken Flor das Neue Palais, der Park entblättert, tot die Wege zwischen den kahlen Bäumen. Und grau, trist, mit dünnem Nebel vor den Fenstern, der Morgen des 14. November. Im Muschelsaal versammelt sich das Personal, zögernd und bedrückt. Und dann tritt die Kaiserin ein, schlohweiß, verhärmt; Prinz Eitel Friedrich muß sie stützen. Hier im Muschelsaal, in dem immer die Weihnachtsfeier stattfand, wo sie ihrem Personal beschert hat, nimmt sie Abschied.“

Schweigend und bedrückt standen die Potsdamer an der Nauener Straße Spalier, als 1919 die heimgekehrten Gardetruppen noch einmal durch die Stadt zogen. Es war alles so unfaßbar anders geworden. Im ausgeräumten Stadtschloß saß ein neuer Magistrat, grau und ärmlich erschienen auf einmal die Häuserfassaden.

Aber noch einmal sollte dieses gespenstische Potsdam zum alten Leben erwachen. 1921 im April kehrte die tote Kaiserin heim; ihr wurde der letzte Wunsch erfüllt, im Antiken Tempel beerdigt zu werden. Und da kamen sie alle: die Generale, die Obersten und die Majore, die Gardeoffiziere, sie alle in der Uniform der Kaiserzeit, die Damen in Trauer. Es kam die gesamte alte Gesellschaft Potsdams und die Familien von den Gütern, die einst im „Einsiedler“ so frohe Feste gefeiert hatten — es kamen zugleich Zehntausende von Berlinern herüber und von West- und Süddeutschland der Adel — es war in ganz Potsdam kein Zimmer mehr zu bekommen.

Der Sonderzug von Haus Doorn war schon am Abend des 18. April eingetroffen; Pasewalker Kürassiere hielten in der Fürstenhalle des Bahnhofs Wildpark die Ehrenwache. Am windigen und kühlen Morgen des 19, April wurde der Park am Neuen Palais bei Tagesanbruch abgesperrt — keine Minute zu früh, denn unabsehbare Massen drängten schon ab sieben Uhr heran, um an dem Begräbnis teilzunehmen.

Auf der großen Terrasse vor dem Neuen Palais hatten all die Familien und Personen Platz genommen, die einmal zum kaiserlichen Hof gehört oder in engeren Beziehungen gestanden hatten; in tiefem Schweigen erwarteten sie den Trauerzug. Und der kam vom Bahnhof Wildpark heran: Trakehnerhengste zogen den Wagen mit dem Sarg, über den eine große violette Trauerdecke gebreitet war.

Prinz Eitel Friedrich führte die tiefverschleierte Kronprinzessin, die Prinzen folgten, die Kinder des Kronprinzenpaares und nach dem König von Sachsen die Generale des Heeres, allen voran Hindenburg und Ludendorff. In langem Zug kamen die Ritter des Schwarzen Adlerordens. Es war eine einzigartige Demonstration des versunkenen Kaiserreiches, bei der noch einmal alle großen Namen versammelt waren; Sie vollzog sich unter ungeheurem Schweigen, in das hinein nur die Glocken der Friedenskirche tönten.

Das kerzenerhellte Innere des Antiken Tempels war ein Blumenmeer. Mit gezogenem Degen hielten die vier Kaiserinnensöhne am Sarg die Wache. Und nach der Predigt zog eine unabsehbare Menge in lautlosem Defilée am Tempel vorüber, auf dessen Stufen sich die Kränze und riesige Sträuße häuften.

Hier geschah mehr, als die Einholung der letzten toten Kaiserin Deutschlands. An diesem Tag nahm die einstige Residenz Potsdam von ihrem Glanz und von einem ganzen Zeitalter Abschied, das nun für immer zu Grabe getragen wurde.

*

Das war der große Abgesang des kaiserlichen Potsdam gewesen. Jetzt kam eine ganz andere Zeit — eine neue Zeit, gegen die alles bisher Erlebte noch erträglich und vertraut erscheinen mußte. Es begann damit, daß man in der Konditorei Rabien für das Stück Torte statt 20 oder 25 Pfennig wie einst erst 4 Mark, dann 8 Mark, dann 60 Mark, schließlich 120 Mark bezahlen mußte. Sprunghaft kletterten die Preise in die Höhe, eine nie erlebte Inflation des Geldes setzte schon im Herbst des Jahres 1921 ein.

Sie wurde völlig unübersehbar im großen Hexenkessel des Inflationsjahres 1923. Mit Waschkörben voll Geld mußte Meister Rabien seine Vorräte an Mehl und Zucker bezahlen. Wie durch einen gespenstischen Zauber schwanden die Bankkonten, die Vermögen. Wenn der Juwelier Vogel jetzt bei seinem Frühstück die Zeitung aufblätterte, so las er von Generalstreiks, von Barrikadenkämpfen, von Regierungskrisen... Er las, daß die Postkarte im Ortsverkehr auf einmal tausend Mark kostete und der Zentner Kohle fast dreihunderttausend. Er konnte sich wenige Wochen später darüber unterrichten, daß er für eine Schrippe 3 Millionen Mark bezahlen sollte, daß der Dollar auf 12 Milliarden Mark kletterte; 8 Millionen Mark kostete das Stück Torte im Cafe, und es war kein großer Trost, daß es nun wieder besseren Kuchen und sogar wieder Schlagsahne gab.

Hilflos erlebte der alte Adel in seinen Villen in der Weinmeisterstraße diese Katastrophe und begriff die Zeit nicht mehr. Es war nicht mehr möglich, Kleider anzuschaffen, Kohlen zu besorgen. Alte Exzellenzen hungerten; viele hatten in Unkenntnis der Zeitlage Ihr gesamtes Vermögen auf den Banken verfallen lassen.

Teil VI - Im Wirbel einer neuen Zeit

BERLINER MORGENPOST -- SONNTAG, 25. SEPTEMBER 1955


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