Rabien und die Zeitgeschichte

Ein farbiger Spiegel der Geschichte unseres Hauses zwischen 1905 und 1955 - und zugleich der Zeitgeschichte - erschien 1955 als Sonntagsserie der BERLINER MORGENPOST unter dem Titel:

"In Potsdam mal konditern gehn..." Geschichte aus 5 Jahrzehnten – erlebt im Café Rabien.

Hier können Sie alle Folgen der 13-teiligen Serie nachlesen

Folge 11 / 13

  • Konditorn in Sanssouci


In Potsdam mal konditern gehn

Geschichte aus 5 Jahrzehnten – erlebt im Café Rabien / von Franz Born, erschienen 1955 als Sonntagsserie der BERLINER MORGENPOST

Teil XI - Der schwarze Tag — 14. April 1945

Auch im Kriege noch blieb Potsdam mit seinen Parks, Schlössern, Wäldern und Seen eine Insel des Friedens und des Ausruhens. Der Sommer 1942 brachte sogar den Höhepunkt der Potsdamer Musiktage mit ihren Bach- und Mozart-Konzerten und den unvergeßlichen Serenadenabenden auf dem Hof des Stadtschlosses. Mit den Großalarmen im Herbst 1943 aber setzte eine neue Phase des Krieges ein, die bereits das Schlimmste befürchten ließen und die sich im folgenden Jahr zu furchtbarer Wucht steigerte. Aber selbst zu Anfang des Schicksalsjahres 1945 hatte Potsdam noch keinen Bombenangriff erlebt.

Viele Optimisten verstiegen sich zu der Behauptung, daß Potsdam überhaupt von Angreifern bewußt verschont würde. Manche wollten wissen, daß es für die Alliierten bereits beschlossene Sache sei, von hier aus den Frieden für Deutschland zu diktieren. Nur die Fanatiker glaubten ja noch an einen Sieg oder wenigstens an ein gutes Ende. Den anderen sagte der Zusammenbruch der Ostfront genug!

Inzwischen war der Sarg Friedrichs des Großen und der seines Vaters schon in aller Heimlichkeit von SS-Männern abgeholt und in ein Salzbergwerk im Westen des Reiches abtransportiert worden. Die Königsschlösser wurden geräumt; die wertvollen Möbel und Gemälde sollten „in Sicherheit“ gebracht werden. Zeigte das nicht allein schon, wie die höchsten Stellen die Lage beurteilten? Die berühmte Handbibliothek Friedrichs des Großen wurde verlagert. Eine Kommission von Fotografen und Kulturfilmleuten war dabei, die Innenräume der Schlösser aufzunehmen — wohl, weil man mit dem Schlimmsten rechnete und wenigstens eine Erinnerung an die einstige Pracht erhalten wollte.

„Haben Sie das schon gehört? Ist denn das überhaupt zu glauben?“ — So fragten die Potsdamer aufgeregt an einem Februartag 1945 die Meisterin am Büfett — Meister Rabien war ja seit dem 15. Januar schon eingezogen und hinunter nach Ungarn verfrachtet worden, gerade an dem Tage, an dem die russische Walze aus dem Osten losgebrochen war!

Was war geschehen? Durch ganz Potsdam ging das Gerücht, daß die Stadt zum „Festen Platz“ erklärt und eisern bis zum letzten Mann gehalten werden sollte. Als die Meisterin das hörte, schickte sie schon am nächsten Tag ihre vier Jungen mit einer Bekannten des Hauses zu einer Tante in der Umgebung von Bremen. Viele Potsdamer Familien, soweit es ihnen möglich war, reisten ab.

Am nächsten Tag hieß es wieder, der Oberbürgermeister habe zusammen mit dem Kampfkommandanten eine Eingabe gemacht, Potsdam vielmehr zur Offenen Stadt zu erklären. Tatsächlich war diese Eingabe, unterzeichnet von dem Kampfkommandanten Lux abgesandt worden. Der Kommandant konnte sich darauf berufen, daß zur Zeit allein 37000 Frauen und Kinder in der Stadt waren, über 30000 Ostflüchtlinge, deren Elends-Trecks noch immer unablässig heranzogen und untergebracht werden mußten, sowie zahlreiche überfüllte Lazarette. Wie sollte er mit seinen wenigen Soldaten und einer Ernährung, die für knapp drei Wochen ausreichte, Potsdam „halten“ und verteidigen?

Die Stadt war voll Angst und Unruhe in jenen Tagen war die Konditorei an jedem Nachmittag überfüllt. Das „Konditern“ war zwar nur noch eine Formsache und der Kuchen für die Gäste kaum noch heranzuschaffen. Aber hier konnte man sich doch aussprechen, neues erfahren, hören, ob dieser Wahnwitz tatsächlich durchgeführt werden sollte. Und dann endlich konnte man anscheinend aufatmen! Der Berliner Kampfkommandant hatte den Berliner Verteidigungsring auf Nikolassee und den Grunewald zurückgenommen. Potsdam war endlich zur Offenen Stadt erklärt worden!

Von Berlin aus wurden Lazarette nach Potsdam verlegt Die ersten schwedischen Rote-Kreuz-Autos tauchten auf und fuhren über den Platz am Brandenburger Tor. Zunächst einmal schien das Schlimmste abgewendet ...

Es geschah am 14. April

Der 14. April war ein strahlend schöner, etwas windiger Vorfrühlingstag. Im Park von Sanssouci draußen blühten schon die Anemonen und die Primeln. Juwelier Vogel nahm auch jetzt noch, wie er das seit Jahrzehn­ten gewohnt war, bei Rabien sein. Frühstück mit „seiner“ Viertellitertasse schwarzen Kaffees. Er las in der Morgenzeitung, daß Präsident Roosevelt gestorben war, daß die Russen in Schlesien und an der Oder standen und daß von Südwesten her der Gegner bereits den Stadtrand von Magdeburg erreicht hatte! Er las nicht weiter, als er von den Tischen ringsum eine neue Nachricht hörte. Gauleiter Stürtz sollte im „Führerhauptquartier“ durchgesetzt haben, daß Potsdam nun endgültig und allen anderen Entschlüssen entgegen doch zur Festung erklärt worden war.

So war es! Der unheilvolle Befehl lag inzwischen auf dem Tisch des Kampfkommandanten mit dem Zusatz, daß Oberst Lux mit seinem Kopf für die Verteidigung Potsdams zu haften hatte. Trotz aller Verwirrung ahnte niemand an diesem Tag, welche Katastrophe wenige Stunden nach der Dämmerung über Potsdam hereinbrechen sollte.

Gegen 22 Uhr gaben die Sirenen „Vorwarnung" — Vorwarnung zum 131. Alarm seit Jahresbeginn. An den Alarm war man gewöhnt; um diese Zeit kamen meistens die englischen Mosquitoflieger: Vortrupp der Bomberwelle, die nach Berlin brauste. Doch an diesem Abend geschah etwas Neues, Bedrohliches. Drüben über dem Wildpark stand mit einemmal am Nachthimmel grell einer der berüchtigten „Weihnachtsbäume“. Und mit Entsetzen sahen die Potsdamer, wie jetzt durch eine Fülle dieser unheimlich leuchtenden Markierungszeichen ein Abwurffeld abgesteckt wurde: Abwurffeld Potsdam! In die angstvolle Stille hinein, während die tödlichen Weihnachtsbäume“ über Potsdam strahlten, tönte um zehn Uhr, wie immer, vom Turm der Garnisonkirche geruhsam und mit silbernem Klang das „Lobe den Herrn“ des alten Glockenspiels.

Zerborstene Säulen, ausgebrannte Fassaden. Wie ein Symbol für die Zerstörung Potsdams ragen die Reste und Trümmer des Stadtschlosses in den grauen Aprilmorgen.. Foto: Ullstein

Qualvoll langsam verging die Zeit Gegen elf Uhr rauschten draußen am Luftschiffhafen die ersten Bomben hernieder. Man hörte das dumpfe Dröhnen und Brummen des Feindgeschwaders bis hinunter in die Keller. Dann war es soweit! Furchtbare Detonationen, krachende Explosionen erfolgten; die Mauern wankten und bebten: Potsdams historische Altstadt lag unter einem pausenlosen Bombenhagel.

Und nach dem Angriff...

Dieses Höllenkonzert eines massierten Angriffs von vernichtender Wucht schien manchem Potsdamer nur zehn Minuten gedauert zu haben, als es endlich draußen wieder still wurde und man sich, Angst und Grauen im Herzen, aus den Kellern wagte. In Wirklichkeit hatte das Inferno eine halbe Stunde lang getobt.

Potsdams Altstadt lag in Trümmern. Die Garnisonkirche brannte; das Stadtschloß stand in Flammen; Rathaus, Nikolaikirche und Palast Barberini waren zu rotglühenden, lodernden Riesenfackeln geworden. Der gesamte Alte Markt war vernichtet. Die Häuser am Stadtkanal brannten; hier lagen uralte Bäume entwurzelt und zersplittert

In den zerstörten Straßen irrten kleine Trupps von Menschen umher, kämpften sich, mit nassen Lappen vor Mund und Nase, durch die brennenden Trümmer vorwärts. Die Hilfskommandos der Feuerwehr waren unterwegs, von allen Seiten um die Rettung von Angehörigen angefleht. Über den Exerzierplatz zogen dichte Rauchschwaden. Die Turmspitze der Garnisonkirche mit der Balkenkonstruktion des Glockenspiels neigte sich in das Feuermeer und stürzte in das Innere des Kirchenschiffs; eine neue Flammengarbe schoß empor.

Wie durch ein Wunder war das Haus der Konditorei Rabien am Brandenburger Tor stehen geblieben. Auch das Brandenburger Tor war unbeschädigt, während ringsum in den Straßen die Häuser brannten. Meisterin, Werkmeister, Gesellen und Personal hielten die ganze Nacht Brandwache, denn der Wind trieb rotglühende Funken aus der Innenstadt herüber.

Trotz aller eigenen Note und Sorgen aber gab es für alle Potsdamer eine bewegende Frage: was ist mit Sanssouci? Hunderte drängten noch in der Nacht zum Park und blieben sogar dort, als fühlten sie sich hier geborgen. Schloß Sanssouci war gerettet ebenso wie das Neue Palais; das kostbarste historische Bauwerk Potsdams war von den Bomben verschont geblieben.

Teil XII - Ein schwerer Entschluß

BERLINER MORGENPOST – SONNTAG, 6. NOVEMBER 1955


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