Rabien und die Zeitgeschichte

Konditorn in Sanssouci

Ein farbiger Spiegel der Geschichte unseres Hauses zwischen 1905 und 1955 - und zugleich der Zeitgeschichte - erschien 1955 als Sonntagsserie der BERLINER MORGENPOST unter dem Titel:

"In Potsdam mal konditern gehn..." Geschichte aus 5 Jahrzehnten – erlebt im Café Rabien.

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Folge 1 / 13

  • Konditorn in Sanssouci


In Potsdam mal konditern gehn

Geschichte aus 5 Jahrzehnten – erlebt im Café Rabien / von Franz Born, erschienen 1955 als Sonntagsserie der BERLINER MORGENPOST

Teil I - Stadtbummel um 1905

Berühmte Konditoreien - in ihnen zeigte sich einst das typische Leben einer Stadt. Namen wie Kranzler, Cafe Greco in Rom oder Cafe de la Paix in Paris lassen ganze Epochen lebendig werden.

Im Alltag und Sonntag der Hofkonditorei Rabien spiegelte sich das Leben der kaiserlichen Residenzstadt Potsdam. Dorthin kamen die Prinzen und Prinzessinnen, die Angehörigen der Hofgesellschaft, die Gardeoffiziere, die Potsdamer und die Fremden. Neue Generationen und neue berühmte Gäste fanden hier in der Zeit zwischen den Weltkriegen und selbst noch in den dunklen Tagen nach 1945 die alte Tradition. Unser Bericht setzt im Jahre 1905 ein, als Potsdam die kaiserliche Sommerresidenz war und die Tage seines höchsten Glanzes erlebte.

"Euer Hochwohlgeboren empfehle ich ergebenst als besondere Delikatesse meine Baumkuchenzacken, Baumkuchen in jeder beliebigen Größe, die größte Auswahl in Torten, Petitfours und Gateaux Meles, in einfachen bis allerfeinsten Desserts, in Marzipan und Honigkuchen, dazu Eis und Halbgefrorenes in Kegeln oder Bomben, wie auch in Figuren."

Ernst Rabien, Hofconditor, Potsdam, Eckhaus am Nauener Tor.

Diese in zierlicher Schrift gesetzte und mit Bildern von Medaillen und Ehrenpreisen reich geschmückte Offerte wurde im Frühjahr 1905 in ganz Potsdam mit wohlwollendem Lächeln zur Kenntnis genommen - hauptsächlich von all den Exzellenzen, Adjutanten und dem Hof nahestehenden Familien, die in dem eleganten Villenbereich zwischen dem Nauener Tor und dem Neuen Garten wohnten. Denn für diese Herren und Damen stand es von vornherein fest, daß man nur beim Hofkonditor Rabien am Nauener Tor bestellen und konditern konnte. Und es wurde sehr viel bestellt und sehr viel konditert — damals, in der Residenzstadt Potsdam!

Die kleine Hofkonditorei von Ernst Rabien in der Nauerner Straße, von der unser Bericht erzählt. Hier kam ganz Potsdam zusammen, um zu konditern

Wenn die Droschken erster und zweiter Güte vom Bahnhof her über den Wilhelmplatz kamen und durch die Nauener Straße hinaus zum Neuen Garten, zum Marmorpalais oder zum Pfingstberg fuhren, so vergaßen die zylindergeschmückten Kutscher nie, ihre Gäste auf das Eckhaus am Nauener Tor aufmerksam zu machen. Hier im Holländischen Viertel Potsdams lag die kleine Hofkonditorei, kenntlich an dem goldbronzierten Wappen, das über dem Eingang leuchtete.

Es war wirklich eine „kleine" Konditorei mit nur zwei elegant im Stil der Zeit eingerichteten Räumen. Aber dort verkehrte alles, was in Potsdam Rang und Namen hatte, von den Prinzen des Kaiserhauses bis zu würdigen Kommerzienräten. Hier spiegelte sich damals zwanglos und liebenswürdig das Leben der Residenz. Fast 50 Jahre lang!

Die Konditorei Rabien sollte den Glanz und den Sturz des Kaiserhauses überleben, den Wirbel der Inflationsjahre, die gesamte Zeit zwischen den Kriegen und später auch noch die Bombennacht, die Potsdam so furchtbar zerstörte. Das alte Stammpublikum blieb ihr immer treu; noch in den Jahren nach 1945 konnte man dort ein Stück altes Potsdam finden. Bis dann endlich doch nach sieben schweren Jahren voller Bedrückung das Geschäft nicht mehr zu halten war. Die HO setzte den Schlußstrich unter das historische Cafe Rabien.

Heute hat der junge Meister in Westberlin seine Konditorei wieder im alten Stil aufgebaut. Aber draußen vor der Terrasse des Cafes lockt nicht mehr wie einst der Park von Sanssouci; dort rauschen heute die alten Bäume des Steglitzer Schloßparks. Und doch ist auch hier wieder ein Stück aus dieser für uns versunkenen Welt eingefangen, in der das gemütliche Konditern noch von so großer Bedeutung war. Und der größte Schatz des Meisters sind all die Mappen voller Notizen, Erinnerungen, Briefe und Fotografien, die von der Geschichte der Konditorei Rabien in Potsdam erzählen. Voll intimen Zaubers für jeden, der Potsdam geliebt hat, steigt aus diesen Dokumenten die Chronik eines halben Jahrhunderts auf...

Als der junge Konditormeister Ernst Rabien .im Jahre 1901 von Bremerhaven nach Potsdam kam, um in der Konditorei Kessler am Nauener Tor seine Stellung anzutreten, erlebt die Residenzstadt gerade die Zeit ihres höchsten Glanzes. „In Berlin regiert der Kaiser — in Potsdam lebt er", konnten die Potsdamer sagen. Man traf Seine Majestät gelegentlich im Park von Sanssouci, wenn er sich beim Spaziergang vom Adjutanten Vortrag halten ließ, man begegnete den Prinzen auf der Straße, sah tagtäglich die Garderegimenter auf Übung ziehen und mit klingendem Spiel zurückkehren, sah die Hofkutschen, die Exzellenzen, die fürstlichen Besucher...

Aber das alles hatte einen ganz intimen Zauber. Die Potsdamer kannten jeden Familienzweig und jede Familiengeschichte des Hauses Hohenzollern; die Prinzen waren „ihre" Prinzen und die Regimenter waren „ihre" Regimenter. An festlichen Tagen, wenn die großen Paraden auf dem Exerzierplatz stattfanden oder bei der Einholung des Kronprinzenpaares bekam das alles durch den Blumenschmuck und die funkelnden, farbigen Uniformen einen märchenhaften Glanz.

Die Garnisonkirche – das Wahrzeichen des alten Potsdam.       Foto: Baur
Stadtbummel um 1905

Doch zugleich war diese Residenz ja auch die Stadt der historischen Schlösser, der romantischen Parks, der stillen Winkel am Kanal, der kleinen, verträumten Biergärten an der Havel. Zehntausende von Berlinern und Reisenden kamen alljährlich herüber, um dieses Potsdam zu sehen, noch mit dem „Dampfzug" natürlich, vom alten Potsdamer Bahnhof aus. Und gleich hinter der Langen Brücke, zu deren beiden Seiten die weißen Haveldampfer auf Fährgäste warteten, tat sich ihnen ein Bild von überraschender Schönheit auf: Stadtschloß, und Kolonnaden zur Linken, mit dem weiten Exerzierplatz und der Garnisonkirche im Hintergrund, zur Rechten das Palast-Hotel, und, alles überragend, die mächtig gewölbte Kuppel von St. Nicolai.

Die Pferdebahn nach Sanssouci umkreiste die uralte Bittschriftenlinde, und unter ihr stand, vierzehn Dienstjahre lang, ein weltberühmter Schutzmann! Denn Carl Teike war der Komponist des Marsches „Alte Kameraden", den die Potsdamer Militärkapellen aus der- Taufe gehoben hatten und der seitdem seinen Siegeszug um die ganze Welt gemacht hatte.

Vom alten Wilhelmplatz aus, gleich hinter dem von Platanen, Kastanien und Linden beschatteten idyllischen Kanal, erreichte man Potsdams Sehenswürdigkeiten und Schönheiten nach allen Richtungen: Sanssouci und Charlottenhof, Glienicker Brücke und Neuen Garten, den Pfingstberg mit seinem alten Schloß und dem berühmten Blick von den Türmen über die ganze Weite der Parks und der Wälder an der Havel.

Der Konditormeister Rabien hatte sich an Potsdam erst gewöhnen müssen. Er kam von der Wasserkante und hatte, wie alle seine Vorfahren, ursprünglich Kapitän werden wollen. Kein Mensch hätte in dem jungen, schlanken Mann, der mit einem riesigen Borsalino-Künstlerhut durch die Straßen Potsdams ging, so leicht einen Konditor vermutet — und er hatte gar keine Übung im Umgang mit Exzellenzen, Generalen oder hohen Herrschaften. Aber er war eine Persönlichkeit, die bei allen originellen Einfällen und aller Ungebundenheit doch immer den rechten Ton zu treffen wußte.

Und er war so tüchtig, daß er schon 1903 die Konditorei am Nauener Tor selbst übernehmen konnte! Es sprach sich bald herum, daß man am Nauener Tor konditern gehen müsse. Eine Exzellenz erzählte es der anderen, was man dort für Torten und Pasteten bekam. Eines Tages betrat der kaiserliche Hofmarschall die Konditorei — und dann dauerte es nicht mehr lange, bis der Konditormeister eines Tages ein Schreiben mit dem Briefkopf „Cabinet Seiner Hoheit des Fürsten von Hohenzollern" in der Hand hielt. Ihm wurde darin feierlich das Prädikat als "Höchstdero Hofconditor" verliehen.

Hofkonditormeister — das war kein leerer Titel. Er bedingte einen Arbeitstag, der in grauer Morgenfrühe begann und manchmal erst nach Mitternacht endete. Er bedingte, daß sich Meister Rabien das gesamte Haus mieten, dreißig Mann Personal annehmen und — schleunigst heiraten mußte! Und er bedingte überdies, daß „man" sich von nun an oft schon am frühen Vormittag bis spät in die Nacht hinein bei Rabien traf. "Man" — das waren die Eulenburgs, die Wartensleben, die Oertzens — die gesamte Potsdamer Hofgesellschaft und zugleich alle, die an dieser Welt teilhaben wollten — sogar bis zu. dem sozialistischen Abgeordneten Bebel, der genauso wie Prinz Eitel Friedrich zu den Gästen der Konditorei Rabien gehörte.

Wollen wir einmal bei Rabien konditern gehn? Wenn man die Hofkonditorei betritt, fällt zunächst das ungeheure Kuchenbüfett auf, das die gesamte linke Seite des Raums ausfüllt. Meine Damen und meine Herren, wollen Sie hier bitte erst wählen, ehe Sie auf den roten Plüschsofas an einem der kleinen Marmortische Platz nehmen? Oder wollen Sie gleich, wie es hier üblich ist, am Büfett selbst ein Stück Torte genießen, oder eine Pastete oder einen Absinth oder eine Grenadine? Die Gardeoffiziere sind noch nicht da; sie kommen erst nach elf Uhr. Und die letzten Frühstücker sitzen noch an den Tischen und lesen ihre Zeitung...

Teil II - Ein vielgeplagter Hofconditor

BERLINER MORGENPOST -- SONNTAG, 28. AUGUST 1955


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